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Reinhold Schmölzer & orchest•ra•conteur: Aerial Image (Review)
Artist: | Reinhold Schmölzer & orchest•ra•conteur |
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Album: | Aerial Image |
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Medium: | CD | |
Stil: | Big Band Jazz |
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Label: | Unit Records/JaKla/Harmonia Mundi | |
Spieldauer: | 73:56 | |
Erschienen: | 14.10.2016 | |
Website: | [Link] |
Reinhold Schmölzer ist es gelungen, die nahezu gleiche Besetzung wie beim Vorgänger „Miraculous Loss Of Signal“ erneut im Studio zusammenzutrommeln. Und, oh Wunder, wieder funktioniert das auf’s Prächtigste. Mit zwei kleinen Ausnahmen, die aber nicht zu Lasten der Musiker gehen. Später mehr.
„Aerial Image“ beginnt mit einer schmetternden Fanfare, um ansatzlos in einen stoppeligen Dialog zwischen Drums und Bass überzugehen, der dann sachte von der Bläsersektion überspielt wird. Ein hämmerndes Piano schaltet sich ein, und langsam nimmt der Titeltrack wieder Fahrt in voller Besetzung auf. Es folgt ein spannendes Wechselspiel zwischen lyrischen, manchmal klassiknahen Passagen und purer Big-Band-Power. Spannend und höchst abwechslungsreich.
Spannend ist „Etwas ist passiert“ auch. Musikalisch eine Art Dub-Step-Jazz mit fast schon Richtung Rap torkelnder Rhythmik. Weitgehend ohne Elektrik auskommend. Ein klasse Ansatz, der leider davon unterminiert wird, dass Kaleb Erdmann einen eigenverfassten Text vor der musikalischen Extravaganz poetryslammt. Einer jener Redeflüsse, in denen das lyrische Ich so oft potenziert wird, bis es jede Wahrnehmung überlagert. Ohne viel mehr zu bieten als postpubertäres Mitleidsheischen. Ein Wehklagen darüber, dass man selbst sensibel bis zur vorgeblichen Selbstaufgabe ist, aber die schnöde Welt dies einfach nicht erkennt.
„Denn ich lehne es ab, dieses ständige Selbstvertrauen, ich gehe ‘nen Schritt aus meinem Selbst, um von dort auf die Welt zu schauen und – frag‘ mich sofort, warum sollte ich mir selbst vertrauen?“
Die Musik konterkariert die Lyrik mit anschwellender Dramatik und betont dadurch deren Jammerlappigkeit umso mehr. Da stellt sich jemand in Frage, weil er seine eigenen Antworten so toll findet. Von der Richtung zur Lichtung und zwischendurch gefickt. Weia. Hätte der junge Autor sich doch tatsächlich nicht selbst vertraut und – geschwiegen.
Macht nix, die Musik reißt’s raus und steigert sich im Folgenden sogar noch. Das Tempo wird reduziert, ein geschmeidiges E-Piano sorgt für leichte Jazz-Rock-Einschübe, repetitive Phrasen werden umhüllt von sattem Bläser-Trauerflor. Der sich später in die Lüfte hebt und wild wehend davonfliegt. Untermalt von einem ausgefeilten Vibraphon-Solo Raphael Meinhardts. „You And Whose Army?“ ist ein kleines Arrangement-, Klang- und Melodie-Wunderwerk
„Conticium“ stammt laut Booklet aus dem Lateinischen und bedeutet „die stille Zeit um Mitternacht“. Die leise dahingleitenden Klänge umreißen jene Nachtphase zwischen Traurigkeit und Träumerei perfekt. Und dienen als passende Einleitung fürs über zwanzigminütige Finale Furioso, die Suite „Straight, No Time in The Key Of Love“, die zwischen kammermusikalischer Zurückhaltung, voluminös aufspielender Big Band, flankierenden Soli von Saxophon, akustischem Piano und Fender Rhodes den nötigen Atem besitzt, um Spannungsbögen bis zum Ende aufrecht zu erhalten. Das besitzt eine enorme Kraft, kann sich aber auch im Dämmrigen treiben lassen, exemplarisch wenn Charlotte Greve exponiert mit ihrem betörenden Saxophonspiel eine hypnotisch pulsierende Rhythmusspur versonnen umkreist.
Leider gibt es im Anschluss eine viereinhalbminütige Pause, ehe ein leichtfüßiger Latin-Swing die Bonusrunde einläutet. Irgendwie hat es sich noch nicht ganz rumgesprochen, dass Hidden Tracks out sind. Davon abgesehen, ein gutgelaunter, versöhnlicher und tanzbarer Abschluss.
FAZIT: Der zweite Auftritt von REINHOLD SCHMÖLZER & ORCHEST•RA•CONTEUR ist wieder äußerst hörenswert geworden. Big Band-Jazz, der kein bisschen antiquiert wirkt und punktgenau arrangiert ist, ergänzt um fragilen Folk, ein bisschen Weltmusik, kleine klassische Schlenker und ein paar Schritte auf die große Spielwiese Rockmusik. Verzichtbar sind das larmoyante Lyrikgeraune während des zweiten Tracks und die Zwangspause vorm gelungenen Abschied. Trotzdem höchste Empfehlungsstufe.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Aerial Image
- Etwas Ist Passiert
- You and Whose Army?
- Conticinium
- Straight, No Time, In the Key of Love
- Bass - Andreas Waelti
- Gesang - Kaleb Erdmann
- Keys - Manuel Schmiedel
- Schlagzeug - Reinhold Schmölzer
- Sonstige - Johannes Berauer, Reinhold Schmölzers (conductors), Florian Trübsbach (sop/clar/flute/picc/oboe), Charlotte Greve (alto/sop/clar/flute), Uli Kempendorff (ten/sop/clar/b.clar), Malte Schiller (ten/clar), Tini Thomsen (bari/b.clar/cb.clar), Bernhard Nolf (lead), Benny Brown, Florian Menzel, Johannes Böhmer (trumpets/flugelhorn), Simon Harrer, Phil Yaeger, Lukas Wyss, Jan Schreiner (trombones/bass trombone/tuba), Raphael Meinhart (marimba/vib./glcksp.)
- Miraculous Loss Of Signal (2012) - 12/15 Punkten
- Aerial Image (2016) - 12/15 Punkten
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